Die „Allianz für den freien Sonntag“ in Baden-Württemberg fordert die zuständigen Ministerien auf, Maßnahmen gegen die als rechtswidrig eingeschätzten Sonntagsöffnungen der „Tante-M“-Nahversorgerläden zu ergreifen.
Mit Schreiben vom 6. März 2023 und Erinnerungsschreiben vom 28. April 2023 an die Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut und den Innenminister Thomas Strobl hat die Allianz für den freien Sonntag angeregt, die rechtliche Zulässigkeit der Tante M-Nahversorgerläden im Hinblick auf den Verkauf an Sonn- und Feiertagen zu überprüfen.
Zudem wurde darum gebeten, dafür Sorge zu tragen, „dass die ‚Tante-M‘-Läden zukünftig im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben des Ladenöffnungsgesetzes betrieben werden und dem freien Sonntag zuwiderlaufende Werbemaßnahmen unterbunden werden.“
Konkrete Maßnahmen der Ministerien auf diese Schreiben kann die Allianz bis heute nicht feststellen.
Unter dem Namen „Tante-M“ wurden in zahlreichen kleineren Gemeinden Baden-Württembergs Nahversorgerläden eröffnet, die Nahrungsmittel und Konsumartikel des täglichen Verbrauchs zum Kauf anbieten. Kein Verkaufspersonal, dafür SB-Kassen und Öffnungszeiten an sieben Tagen in der Woche, 365 Tage im Jahr, von 5 bis 23 Uhr sind wesentliche Merkmale dieser Läden. Davon existieren in Baden-Württemberg aktuell ca. dreißig, ungefähr weitere zwanzig sind in Planung (s. Internetseite des Betreibers des Geschäftskonzeptes „Tante-M“: https://tante-m.shop/#ueberuns )
Nach der Rechtsauffassung der Allianz f. d. freien Sonntag handelt es sich bei den Tante-M-Läden um Verkaufsstellen i. S. des Ladenöffnungsgesetzes, die generell an Sonn- und Feiertagen geschlossen sein müssen (§§ 2 Abs. 1, 3 Abs. 2 LadÖG). Voraussetzungen für eine behördliche Ausnahmegenehmigung (§ 11 Abs. 1 LadÖG), die zudem nur befristet erteilt werden kann, sieht die Allianz nicht.
Nachdem bis heute, nach über 4 Monaten, keines der beiden angesprochenen Ministerien erkennbare Maßnahmen zur Beendigung der vorgebrachten rechtswidrigen Sonntagsöffnungen vorgenommen hat, hält die Allianz nun den Gang in die Öffentlichkeit für angebracht.
„Es ist keine Bagatelle, wenn der verfassungsrechtlich geschützte Sonntag durch die regelmäßige Sonntagsöffnung einer Vielzahl kleiner Läden tangiert wird“, stellt Wolfgang Krüger vom ver.di-Landesbezirk Baden-Württemberg fest. „Wir sehen kein besonderes öffentliches Interesse, das für die Sonntagsöffnung der Tante-M-Läden spricht. Eine Öffnung von Montag bis einschließlich Samstag würde völlig ausreichen, um dem Ziel einer besseren Nahversorgung nachzukommen“, erklärt Eberhard Vogt, Diözesanvorsitzender des Kolpingwerks Rottenburg-Stuttgart.
Zudem befürchtet die Allianz durch die Sonntagsöffnung der Tante M-Läden Nachteile für andere Betriebe der Nahversorgung. Diese könnten Gefahr laufen, noch weniger Kundschaft zu haben, was letztlich zum Verlust weiterer wohnortnaher Einkaufsmöglichkeiten und Arbeitsplätze führen würde.
Die Allianz für den freien Sonntag prüft nun Möglichkeiten, wie sie ein Einschreiten der zuständigen Verwaltungsbehörden gegen die Sonntagsöffnungen der Tante-M-Läden erreichen kann.
In der "Allianz für den freien Sonntag" in Baden-Württemberg haben sich gewerkschaftliche und kirchliche Organisationen zu einem Bündnis für sozialverträgliche Arbeitszeiten zusammengeschlossen. Sie ist Teil der auf Bundesebene ins Leben gerufenen "Allianz für den freien Sonntag".
Dazu gehören:
• Katholische Arbeitnehmerbewegung (KAB) Erzdiözese Freiburg und Diözese Rottenburg-Stuttgart • Katholische Betriebsseelsorge in der Erzdiözese Freiburg • Betriebsseelsorge Diözese Rottenburg-Stuttgart • Kolping Landesverband Baden-Württemberg • Evangelische Arbeitnehmerschaft (EAN) der Evangelischen Landeskirche in Baden • Kirchlicher Dienst in der Arbeitswelt (KDA) der Evangelischen Landeskirche in Baden • Kirchlicher Dienst in der Arbeitswelt (KDA) der Evangelischen Landeskirche in Württemberg • Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) • Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB)